Seit knapp zwei Jahren ist Corona nun präsent in der Öffentlichkeit. Das Virus hat viele Teile unseres Lebens beeinflusst. Freizeit, Beruf oder Freunde. Doch ein Thema wird in diesem Zusammenhang zu wenig betrachtet: Die vielen Kinder, die durch Corona nicht schwimmen lernen konnten. Sei es, weil die Schulen zuhatten und der Schwimmunterricht ausfiel oder weil die Schwimmbäder geschlossen waren und die Schwimmkurse somit auch ausfielen.

Von Denise Osterbrink

Schwimmen üben? Keine Chance.

Die Tochter von Sabrina Lenk aus Ibbenbüren hat bereits mit sechs Jahren ihr Seepferdchen gemacht. Corona hat ihr aber trotzdem das Schwimmen schwerer gemacht. „Da sie so lange nicht schwimmen konnte, muss man jetzt wieder schauen, ob alles noch so sitzt“, sagt Lenk über ihre Tochter.

Ein Kurs zur Stabilisierung der Schwimmfähigkeiten wäre der „Juniorclub“ im Aaseebad Ibbenbüren. Hier können die Kinder ihre Kenntnisse festigen und erweitern und Schwimmabzeichen von Bronze bis Gold erwerben. Der Kurs findet wegen der Coronapandemie und des Fachkräftemangels im Aaseebad aber momentan nicht statt. Wann es wieder so weit ist, steht noch nicht fest.

Auch Bademeister Tim Elfring vom Aaseebad Ibbenbüren beobachtet „das Szenario seit langem“. Er sieht immer wieder Kinder, die nicht oder nur wackelig schwimmen können. Die Eltern kommen oft auf ihn zu und fragen nach den Schwimmkursen. Das Aaseebad bietet einen Kurs für Schwimmanfänger ab 5 Jahren an. „Die Nachfrage ist definitiv da, kann aber wegen des Fachkräftemangels nicht gedeckt werden. Die Kurse sind weit im Voraus voll“, sagt Elfring.

Für Sabrina Lenk ein Unding. Zum Thema „Schwimmkenntnisse auffrischen“ sagt sie aufgebracht: „Ja auffrischen! Gute Frage. Da müssen wir wohl oder übel bis zum nächsten Sommer warten. Bis wir wieder zum See fahren können. Schon alles sehr doof für die Kleine.“

Schulen reagieren

Die Anne-Frank-Realschule in Ibbenbüren hat ihren Schwimmunterricht im Holsterkampbad vor Ort. Eigentlich kann man davon ausgehen, dass in der Realschule die meisten Kinder schwimmen können. Dies hat sich durch Corona aber auch geändert. „Auch wir haben gemerkt, dass immer mehr Fünftklässler nicht schwimmen können“, sagt Karsten Zander, Schwimmlehrer der Schule.

Die Anne-frank-Realschule hat ihren Schwimmunterricht dem zu Folge komplett umgestellt. Alle Kinder, die in der fünften Klasse kein Schwimmabzeichen oder nur das Seepferdchen haben, müssen vorschwimmen. Dort schauen die Schwimmlehrer, wer sicher schwimmen kann und wer nicht. Wer nicht schwimmen kann, nimmt das ganze fünfte Schuljahr an einer AG teil, die immer mittwochs für eine Stunde im Wasser stattfindet. „Aktuell haben wir zehn Kinder in der Gruppe, von denen sechs mittlerweile gut schwimmen können“, sagt Zander.

Mehraufwand der Schulen

Wer im sechsten Schuljahr noch nicht schwimmen kann, kommt zur Sicherheit nicht mit ins Schwimmbad. Die AG muss so lange absolviert werden, bis das Kind schwimmen kann.

Für die Lehrer sei die zusätzliche AG kein Mehraufwand wie Zander sagt. Zwei Lehrer betreuen zehn Nichtschwimmer. „Nichtschwimmer sind zwar anstrengender zu unterrichten, aber zu zweit geht das“, sagt Zander.

Der Mehraufwand in der Sache liegt bei der Stundenzahl, die die Anne-Frank-Realschule zu Verfügung hat. Sie muss den beiden Lehrern zwei volle Lehrstunden mehr bezahlen und zu Verfügung stellen. „Aber es lohnt sich ja und ist leider notwendig“, erklärt Zander.

Zahlen steigen rapide an

Nach Angaben der DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft) konnten durch die Schließung der Schwimmbäder während der Lockdowns zwischen Anfang 2020 und Mitte 2021 nur wenig Anfängerschwimmausbildung stattfinden. „Die DLRG hatte 2020 rund die Hälfte weniger Teilnehmer in den Anfängerkursen und hat 70 Prozent weniger Prüfungen bei den Schwimmabzeichen abnehmen können“, sagt Martin Holzhause von der DLRG.

Die Kommunen und Bundesländer haben über Sommer 2021 hinweg jedoch bundesweit ausgebildet, was das Zeug hält und Schwimmkurse finanziell gefördert. „Damit konnten rund 23.000 Kinder mehr als sonst ein Angebot wahrnehmen. Zudem konnte die DLRG etwa 10.000 Seepferdchen- und 3.500 Schwimmabzeichen extra ausstellen“, sagt Holzhause. Es ist noch ein langer Weg, bis sich die Situation bessert. Wenn der Schwimmunterricht flächendeckend wieder losgeht, haben die Kinder auch wieder eine Chance auf sicheres Schwimmen.