Stepptanz gibt es seit vielen Jahren. Doch trotzdem ist der Tanzstil nie ganz bei der breiten Masse angekommen. Bianka Sondermann steppt seit 33 Jahren, doch was macht den Reiz für sie aus?

Von Pia Böckendorf 

Wenn Bianka nach einem langen Tag im Büro der Kreisverwaltung nach Hause kommt, legt sie nicht die Füße hoch, sondern steckt sie gerne in ihre Steppschuhe. Sie ist nämlich Stepptänzerin mit Leidenschaft und das seit vielen Jahren. Im Soester Ballettstudio gibt sie selbst einen Steppkurs. „Wenn ich steppe, vergesse ich alles um mich herum“, sagt sie.

Stepptanz ist eine einzigartige Tanzrichtung, die schnelle Fußarbeit erfordert. Dabei werden die Füße der Tänzer selbst zum Instrument. Zur Ausstattung eines Stepptänzers gehören daher in erster Linie die besonderen Schuhe, an deren Sohle je vorne und hinten eine Metallplatte geschraubt ist. Beim Stepptanzen gilt es nicht nur die Füße und Beine zu bewegen, sondern auch den kompletten Körper mitzunehmen. Es tanzt zwar jeder für sich, doch am Ende können einzigartige Formationen in großen Gruppen entstehen. Bianka ist über Umwege zum Stepptanz gekommen. Als sie 17 Jahre alt war, schlug eine Freundin vor, die Tanzrichtung mit ihr auszuprobieren. „Damals war ich nicht so überzeugt von der Idee“, erinnert sich Bianka. „Meine Freundin hat mich aber doch überredet, weil sie nicht alleine gehen wollte“. Zum Glück. Vor der ersten Tanzstunde hatte Bianka noch nicht gedacht, dass das eine der besten Entscheidungen in ihrem Leben sein würde. Doch schon während sie das erste Mal in den Steppschuhen steckte, war ihr klar: Das möchte sie weitermachen. „Ich war überrascht, wie viel Spaß es mir sofort gemacht hat, mich an den verschiedenen Schritten zu versuchen“. Zwei Jahre später begann sie eigene Steppkurse zu geben. Anfangs noch unter Anleitung, später ganz allein. Und heute, 33 Jahre später schlüpft Bianka immer noch gerne in ihre Steppschuhe und legt los. Und das am liebsten zu Jazzmusik, wie zum Beispiel „In the mood“ von Glenn Miller. In den „Steppmodus“ können sie aber auch ganz klassische oder sehr moderne Stücke bringen. „Wir haben im Kurs auch schon mal zu Bach oder Bruno Mars gesteppt. Da ist jede Musikrichtung möglich“, erklärt sie. Schon bei ihren ersten Stunden hat ihr die besondere Musik gefallen. „Ich habe durch dieses Hobby definitiv meinen Musikhorizont erweitern können“. Und der erste Song zu dem sie jemals gesteppt hat? „Das war „My baby just cares for me“ von Nina Simone, daran erinnere ich mich noch sehr gut“, lacht die Stepperin.

Zum Jubiläum der Tanzschule steppte Bianka (ganz rechts) mit ihrer Steppgruppe.

Stepptanz entwickelte sich im 19. Jahrhundert in den Armenvierteln in New York, aus Tänzen verschiedener afrikanischer und irischer Kulturen. Seinen Höhepunkt erlebte der Tanz zwischen 1900 und 1955, da er als einer der Haupttanzstile am Broadway galt. Zu den berühmtesten Stepptänzern gehören Gregory Hines, Fred Astaire und Bill „Bojangles“ Robinson. Getanzt wird entweder im amerikanischen Jazz and Rythm-Stil oder im irischen.

Mit zwei weiteren Steppfreundinnen nahm Bianka sogar einmal an der jährlichen Stepptanz-Weltmeisterschaft in Riesa teil. Dabei konnte das Trio sich auf den elften Platz steppen. Bei weiteren Wettbewerben hat die leidenschaftliche Stepptänzerin allerdings bislang nicht mitgemacht. „Es war eine interessante Erfahrung, allerdings geht es mir beim Stepptanzen nicht ums Gewinnen, sondern um den Spaß“, sagt sie. Noch ist Stepptanz eher ein Nischensport. „Aber die Community ist echt toll“, findet Bianka. Regelmäßig besucht sie Workshops von bekannten Stepptänzern in Deutschland. Der Durchbruch des Sports blieb bis jetzt allerdings aus. „Dabei sind die Menschen immer ganz interessiert, wenn ich von meinem Hobby erzähle. Viele kennen niemand anderen, der steppt“, sagt Bianka. Außerdem ist laut ihr deutlich zu erkennen, dass es nur zwei Extrema beim Stepptanz gibt. Entweder diejenigen, die nach wenigen Wochen oder Monaten aussteigen, oder die „Hardcore-Stepper“, die meistens mehrere Jahrzehnte am Ball oder besser in den Schuhen bleiben.

Alle zwei Jahre, zu Weihnachten treten die verschiedenen Tanzgruppen der Tanzschule in der Stadthalle in Soest auf, so auch die Gruppe von Bianka. Dort zeigen die neun Frauen  dann, welche Stücke sie in den vergangenen Jahren gelernt haben. Die Altersspanne ist dabei sehr groß. Die jüngste Stepperin in Biankas Kurs ist 36, die älteste über sechzig. „Stepptanz ist etwas für jedes Alter. Solange der Körper noch mitmacht, bleiben auch die älteren lange dabei. Tanzen hält eben fit“, sagt sie. Und zwar nicht nur der Körper, auch der Geist wird beansprucht. Es sei nämlich gar nicht so einfach sich die vielen schnellen Schrittabfolgen zu merken und dabei auch noch Körperhaltung zu wahren und zu lächeln. „Das ist Gehirnjogging“, erzählt Bianka lächelnd. Es kann also auch mal richtig anstrengend werden. Verletzt hat sie sich allerdings in all den Jahren noch nie. „Beim Stepptanzen kann ich  abschalten. Zwar läuft mein Gehirn auf Hochtouren, um sich alle Schritte merken zu können, aber zumindest ist dann auch kein Platz mehr für Alltagsprobleme übrig“, erzählt sie. Bianka Sondermann ist sich sicher: solange körperliche Gegebenheiten ihr keinen Strich durch die Rechnung machen, wird sie auch noch viele Jahre stepptanzen. Und ihre Freundin von damals? „Die hat ihre Steppschuhe relativ schnell an den Nagel gehängt“, lacht Bianka, „wir haben aber noch Kontakt und ich bin ihr bis heute dankbar, dass sie mir dieses wunderschöne Hobby nahegebracht hat“.