Bernhard Klug und Tristan Kreß sind als Fotografen viel in Gelsenkirchen unterwegs. Dabei finden sich berühmte Landmarken eher selten unter ihren Motiven.
Bernhard Klug hat eine Pappschachtel voll mit Fotos dabei. Zu vielen Motiven hat er auch eine Geschichte parat. Er fotografiert immer wieder „Themen vor der Haustür“ und teilt einiges davon auf Instagram.
Aktuell ist der 52-jährige Berufsfotograf mit seiner Kamera vor allem an den Gelsenkirchener Stadträndern unterwegs. Zuvor hat er sich mit dem Umbau des Busbahnhofs seines Heimatstadtteils Buer beschäftigt. „Ich nehme einfach meine Umwelt wahr, auch, was sich verändert“, sagt der Gelsenkirchener. „Das sind vor allem auch bauliche Veränderungen, die ich sehr, sehr spannend finde.“ Dazu hat er sich sowohl mit dem Umbau als auch mit den Menschen am Bahnhof auseinandergesetzt. Er möchte festhalten, ob die Veränderungen der Stadt ein „gewisses Gepräge“ geben. Klug findet, durch den Wegfall der Schwerindustrie und des Bergbaus hätten Ruhrgebietsstädte wie Gelsenkirchen viel von ihrer „Eigentümlichkeit“ verloren, sie seien nun auf der Suche nach einer „neuen Identität“. Viele Neubauten hätten jedoch keine „Charakterstärke“ mehr, darin sieht er eine Schwachstelle in der Architektur von heute.
Ist Gelsenkirchen schön?
Für Klug haben die Menschen in Gelsenkirchen wiederum eine „gewisse Charakteristik“. Er glaubt, von Außenstehenden werden sie als „kommunikativ“ und „grundehrlich“ wahrgenommen. „Man kommt hier doch recht schnell ins Gespräch mit Leuten“, erzählt er.
Aber ist Gelsenkirchen eigentlich schön? „Ich würde grundsätzlich sagen: Ja“, so Klug. „Das ist natürlich auch Heimat.“ Leute von außerhalb sind häufig von dem vielen Grün in Gelsenkirchen überrascht, glaubt er. Allerdings leidet die Stadt unter einer „kritisch schwach ausgeprägten Gastronomieszene.“ Es gibt im Ruhrgebiet „kaum so etwas wie eine richtige gewachsene Urbanität“. Für seine Fotografie spielt Schönheit aber nur bedingt eine Rolle. Ein Bild soll für den Betrachter interessant sein, findet Klug Dabei kann ein Motiv auch etwas „zufälliges“ oder „banales“ sein. Als Fotograf entwickelt man vielleicht einen Sinn für „sogenannte Schönheit“, meint Klug.
Bekannte Sehenswürdigkeiten sind „austauschbar“
Auch der 30-jährige Hobbyfotograf Tristan Kreß ist in Gelsenkirchen aufgewachsen. Vor vier Jahren hat er „so ganz unprofessionell mit dem Handy angefangen“, Fotos zu schießen.
Dann hat er sich seine erste Kamera gekauft und sich sein Wissen über Bücher und YouTube angeeignet. Inzwischen teilt er seine Fotografie über gelsenfoto auf Instagram, aber er fotografiert analog. „Ganz am Anfang war so der Gedanke, dass man zeigen wollte, dass es in Gelsenkirchen oder im umliegenden Ruhrgebiet schöner ist, als es viele annehmen“, erinnert er sich. Viele andere Hobbyfotografen fokussieren sich auf „bekannte Landmarken“, meint er. Das hat für ihn aber schnell den „Reiz“ verloren. Das seien zwar schöne Ausflugsziele, aber als „Motiv dann eher austauschbar“ oder „je nach Inszenierung halt auch voll kitschig.“ Dann ist er dazu übergegangen, „einfach das so zu dokumentieren, was man vor die Linse kriegt, aber trotzdem immer mit einem wohlwollenden Blick“.
Die Zeit steht still
Die Fotografie hat geholfen „ein aufmerksameres Auge für seine Umgebung zu entwickeln und eben vielleicht so die Schönheit in Dingen zu sehen, in Dingen zu finden, die jetzt nicht im ersten Moment offensichtlich sind,“ erklärt Kreß. „Du hast hier relativ oft so Motive, die den Eindruck erwecken, so ein bisschen in der Zeit stehen geblieben zu sein.“ Als Beispiel nennt er Jugendstilbauten, die seit Jahrzehnten nicht renoviert wurden. Dass diese Motive möglicherweise noch nie von jemandem abgelichtet wurden, reizt ihn. Am liebsten fotografiert er einen Kiosk in Ückendorf, an dessen Außenwand ein großes Schalke-Logo prangt.
„Schalke und die damit verbundene Fankultur“ sind für ihn ein „entscheidender Faktor“. „Ich beobachte das alles gerne im Stadtbild“, ebenso wie Graffiti. „Das verleiht dem Ganzen dann vielleicht auch nochmal so ein bisschen rauen Charme.“
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